Ehrenamt des Monats Februar 2024: Fleißige Schatzmeisterin hinter den Kulissen

28. März 2024

Eva Dwinger vom Verein Jugendblasorchester der Stadt Thum/Erzg. e. V. ausgezeichnet

Die Arbeit von Vorstandsmitgliedern in Vereinen fristet naturgemäß ein gewisses Schattendasein. Dabei werden mit der Arbeit in den Leitungsgremien die Voraussetzungen für ein lebendiges und funktionierendes Vereinsleben geschaffen. Die Auszeichnung zum Ehrenamt des Monats März eröffnet die Möglichkeit, die Arbeit einer Schatzmeisterin einmal näher zu beleuchten.

 

Die Laufbahn von Eva Dwinger als Musikerin im Verein Jugendblasorchester der Stadt Thum/Erzg. e. V. begann klassisch anfangs im Kinder- später im Jugendblasorchester. Bis heute musiziert sie in der Erwachsenenformation Brass94, das sich von „Glenn Miller bis Westernhagen“ der modernen Unterhaltungsmusik verschrieben hat. 2008 ist sie auf diesem Weg das erste Mal „abgebogen“ als sie gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könnte, als Schriftführerin im Vorstand mitzuarbeiten. Kurze Zeit später übernahm sie das Amt als organisatorische Leiterin der Nachwuchsensembles Bläserkids und Bläserjugend, seit 2018 begleitet sie als Schatzmeisterin eine Schlüsselposition im Verein, für die sie von ihrer Vorgängerin über ein halbes Jahr lang eingearbeitet wurde.

 

Um Aufwand, Verantwortung und die Leistung der ehrenamtlich Engagierten einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Dimensionen des JBO Thum. Von den circa 450 Mitgliedern des Vereins musizieren 150 in den vier Ensembles Bläserkids, Bläserjugend, Bläserphilharmonie und Brass94. Vierzig bis fünfzig Konzerte und Ständchen spielen die Ensembles pro Jahr – eine beachtliche Zahl, wenn man bedenkt, dass die Auftritte nur der „Wettbewerb“ sind, für deren Vorbereitung es ein intensives „Training“ braucht. Die Mitglieder der Ensembles proben erst individuell, anschließend in den einzelnen Registern des Klangkörpers, bspw. Flöte und Piccolo, Klarinetten, Oboen, Fagotte, Saxophone, Hörner, Bariton, Posaune, Trompete, Tuba, Schlaginstrumente, die dann zu einem Klangkörper zusammengesetzt werden. In diesem muss dann wiederum gemeinsam geübt werden. Der Probenbetrieb ist eng getaktet und das Musizieren mit bis zu 70 Musikerinnen und Musikern gleichzeitig bringt organisatorisch, räumlich und technisch hohe Anforderungen mit sich. Ungefähr ein halbes Jahr Vorbereitungszeit sind für ein Programm der Bläserphilharmonie notwendig. Hinter allen Konzerten steckt ein hoher logistischer Aufwand – für den Transport des Schlagwerks braucht es einen LKW und für die Musikerinnen und Musiker werden Busse organisiert, um sie zu den Konzerten zu bringen. Hinzu kommt die Vorbereitung von nationalen und internationalen Konzertreisen.

 

Kernaufgabe des Vereins ist allerdings die Förderung des Musikernachwuchses. In den ersten zwei Jahren bekommen die Kinder und Jugendlichen ihr Instrument kostenfrei zur Verfügung gestellt, um sich auszuprobieren und sie langsam an das Musizieren heranzuführen. Ein Jahr Instrumentalunterricht braucht es, bevor sie erste Versuche bei den Bläserkids unternehmen können, um überhaupt gemeinsam zu spielen. Nach zwei Jahren intensiven Übens rücken sie in die Bläserjugend auf. Die schulische Ausbildung, die individuelle musikalische Erziehung in der Musikschule und die Probentätigkeit im Jugendblasorchester bedürfen einer engen Vernetzung der einzelnen Akteure. Für die einzelnen Register braucht es gut ausgebildete Musiker, deren Honorare der Verein trägt. Gemessen am hohen Aufwand der Jugendarbeit steht dem ein überschaubarer Mitgliedsbeitrag und nach zwei Jahren ein kleiner Leihbetrag für die Musikinstrumente gegenüber. Ziel ist es, die Kinder und Jugendlichen so zu fördern, dass möglichst viele den Weg in die Erwachsenenformationen schaffen. Um zu funktionieren, braucht ein Klangkörper eine bestimmte Anzahl an Musizierenden sowohl in den einzelnen Registern als auch in seiner Gesamtheit.

 

Die Ausgaben für Instrumente, Noten, Miete, Kleidung, Ausbildungsaufwendungen und Bildungsfahrten lassen sich nur mit der Akquise von Fördermitteln und Sponsoren refinanzieren. Man bekommt damit eine ungefähre Vorstellung, welchen Aufwand das für Eva Dwinger als Schatzmeisterin im Ehrenamt bedeutet.

 

„Vor dem Hintergrund, dass Frau Dwinger als finanzielle Wegbereiterin eine hohe Verantwortung für die musikalische Erziehung von Kindern und Jugendlichen übernimmt, gebührt ihr meine aufrichtige Anerkennung“, lobt Landrat Rico Anton das Engagement der 44-jährigen. „Bei der Größe des Vereins und mit Blick auf die umfassenden Aktivitäten, kommt den buchhalterischen Aufgaben und der Mittelbeschaffung eine zentrale Rolle zu, die im Umfang mit der eines kleineren mittelständischen Unternehmens vergleichbar ist.“

 

Für ihr umfassendes und langjähriges Engagement wurde Eva Dwinger mit dem „Ehrenamt des Monats Februar“ ausgezeichnet. Sie erhielt von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises ERZgeBÜRGER.

 

Um ein noch besseres Bild von ihrer Arbeit zu bekommen, hat Frank Wutzler von der Fachstelle Ehrenamt mit ihr ein ausführliches Interview geführt.

 

Woher kommt Ihre Begeisterung für die Musik?

Frau Dwinger: „Ich spiele seit meiner Grundschulzeit Querföte und habe alle Nachwuchsorchester bis hin zu den Erwachsenenensembles durchlaufen. Die Faszination in der Gemeinschaft zu musizieren, liegt darin, dass etwas ganz Großartiges entsteht, wenn sich die einzelnen Register eines Orchesters wie Puzzleteile zu einem großen Klangkörper zusammenfügen.“

 

Hat sich die Nachwuchsarbeit in den vergangenen Jahren verändert?

Frau Dwinger: „Wir haben schon vor einigen Jahren unsere Nachwuchsensembles noch einmal nach Alter bzw. Lernfortschritt aufgeteilt. Bis 2009 gab es nur eine Nachwuchsformation. Mittlerweile gibt es bei uns die Bläserkids und die Bläserjugend, vor dem Hintergrund, dass so individueller auf die Kinder und Jugendlichen eingegangen werden kann und ihnen somit der Wechsel in den Erwachsenenbereich erleichtert wird. Im ländlichen Raum stehen wir vor der Herausforderung, dass es zunehmend schwerer wird gut ausgebildete Honorarkräfte als Dozenten für die einzelnen Register zu gewinnen. Da haben größere Städte und Hochschulstandorte mit Musikstudiengängen uns gegenüber einen deutlichen Vorteil.“

 

Stichwort Herausforderungen – was war ihre bisher größte als Schatzmeisterin des Vereins?

Frau Dwinger: „Die Zeit während der Corona-Pandemie war für mich und den gesamten Vorstand ein echter Kraftakt. Den fehlenden Einnahmen aus dem Konzertbetrieb standen nur geringe Einsparpotentiale bei den variablen Kosten gegenüber. Trotz wirtschaftlich schwieriger Rahmenbedingungen ist es uns allen gemeinsam gelungen, den Verein auf eine wirtschaftlich solide Basis zu stellen und damit die musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen auch für die Zukunft zu sichern.“

 

Wie schafft man das als selbstständige Unternehmerin und Mutter von drei Kindern?

Frau Dwinger: „Als meine Kinder noch jünger waren, war es zugegeben eine große Herausforderung und wäre ohne die Unterstützung der gesamten Familie nicht leistbar gewesen. Für diese Unterstützung bin ich meiner Familie sehr dankbar.“

 

Welche größeren Projekte planen Sie für die kommenden Jahre?

Frau Dwinger: „Neben unserem Alltagsgeschäft aus Nachwuchsausbildung, Proben und Konzertbetrieb planen wir mit Brass94 für 2025 eine Konzertreise nach Brasilien und mit der Bläserphilharmonie 2026 nach Spanien. Dort besuchen wir im Austausch befreundete Orchester.“

 

Wie sind diese internationalen Kontakte zu Stande gekommen?

Frau Dwinger: „Dankenswerter Weise gibt es in Sachsen eine ausgeprägte Blasmusikszene. Über dieses Netzwerk sind wir mit anderen Klangkörpern in der ganzen Welt in Kontakt gekommen und es hat sich ein reger Austausch entwickelt.“

 

Was ist Ihre persönliche Motivation?

Frau Dwinger: „Ich bin im Verein aufgewachsen und verbinde zahlreiche Kindheitserlebnisse und wundervolle Erinnerungen damit. Ich bin schon in jungen Jahren bei Auftritten und Konzertreisen weit rumgekommen sowohl innerhalb Deutschlands aber auch bis nach Österreich, Schweden, China und Südafrika. Dann durfte ich erleben, wie meine Kinder im Verein groß werden. Die musikalische Entwicklung von Kindern mit zu verfolgen, und damit meine ich nicht nur die eigenen, ist etwas, dass mich von jeher emotional sehr berührt.“

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft mit Blick auf die Vereinsarbeit?

Frau Dwinger: „Bei mir als Schatzmeisterin dreht sich ja immer alles um’s liebe Geld. Ich würde mir wünschen, dass unsere Politik mit Blick auf die Fördermittelstrategie sich bald von dieser ‚Projektitis‘ verabschiedet und ein Stück weit wieder zur Möglichkeit der institutionellen Förderung zurückkehrt. Ich verstehe manchmal nicht, warum eine Sache, die es unbestritten wert ist gefördert zu werden, sich Jahr für Jahr als Projekt neu erfinden muss, um entsprechende Zuwendungen zu erhalten.“

 

Quelle: Fachstelle Ehrenamt / wu

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